Mit welchen Akteuren und Strukturen können Wertschöpfungsketten zwischen Stadt und Land etabliert werden? Diese und weitere Fragen wurden in einer Session unter der Leitung des Stadt-Land-Plus Vorhabens WERTvoll beim STADTLANDBIO Kongress diskutiert.
Städte greifen für Lebensmittel, Trinkwasser und Energie auf das Umland zurück. Eine nachhaltige Entwicklung der Regionen kann nur gelingen, wenn gemeinsam mit dem Umland eine kooperative Landnutzungsstrategie erarbeitet wird. Im Rahmen des internationalen Kongresses STADTLANDBIO mit über 270 registrierten Teilnehmenden präsentierte WERTvoll Ansätze, wie marktorientiert mehrere Leistungen gezielt auf derselben Fläche verankert werden können, damit durch regionale Mehrnutzungskonzepte Synergien erschlossen werden, die Stadt-Umland partnerschaftlich verbinden und so Mehrwerte für die Region schaffen.
Der anschließende Austausch lud die Teilnehmer*innen ein, eigene konkrete Beispiele, Erfahrungen und Potenziale z.B. für Regionalprodukte in die Diskussion einzubringen und gemeinsame Erfolgsfaktoren zu besprechen.
Bereits zu Beginn machten die Referenten Frank Wagener, Verbundkoordinator des Projektes WERTvoll, und Dr. Niels Kohlschütter ihre Kernbotschaften deutlich:
Wagener: Nachhaltige Regionalentwicklung heißt, dass wir Ökonomie und Ökologie über Wertschöpfungsketten über den Stadt-Land-Nexus verbinden und zudem sozialverträglich gestalten müssen.
Kohlschütter: Die Lösungen sollen nicht im Elfenbeinturm hängen bleiben, sondern bei den Menschen ankommen. Die breite Öffentlichkeit soll vom Anfang an eingebunden werden und den Prozess mitgestalten durch einen partizipativen Prozess. Es ist eine Kunst, Menschen mitzunehmen und die Prozesse gestalten zu lassen.
Nach einer allgemeinen Einführung in die BMBF-geförderte Maßnahme Stadt-Land-Plus durch den Moderator der Session und Projektleiter des Querschnittsvorhabens Dr. Stephan Bartke (Präsentation PDF), erläuterte Frank Wagener (Präsentation PDF) die spezifischen Erfolgsfaktoren und Strategien, die in WERTvoll verfolgt werden.
Im Vorhaben werden die traditionelle „lineare“ Beziehung zwischen Stadt und Land als „zirkuläre“ Wertschöpfungsketten mit Synergiepotenzialen für beide Seiten wahrgenommen. Dieses Konzept geht über die einfache Vernetzung ökonomischer und ökologischer Belange im Stadt-Land-Nexus hinaus. Es werden neben identitätsstiffenden Wahrnehmungsprozessen (z.B. „das Brot kommt aus meiner Region“) auch positive Wirkungen der Sozialverträglichkeit initiiert (z.B. Sicherung von Arbeitsplätzen in der Region).
In seinem Kommentar fokussierte Dr. Kohlschütter auf Wege, damit die Einbindung von Bevölkerungsgruppen gelingt. Klare Narrative und Geschichten sind zentrale Instrumente. So entwickelt und nutzt WERTvoll Erzählstränge mit Blick auf Bäcker, Großunternehmen und Konsument*innen. Die Vorteile von regionalen Produkten haben für alle drei Zielgruppen Vorteile, die jeweils spezifisch kommuniziert und so hervorgehoben werden. Sobald die Zielgruppen anfingen die Narrative zu den Vorteilen selbst weiterzuerzählen, rücke der Erfolg nahe.
Wenn zum Beispiel die Bäckerin vor Ort von den ökologischen und sozialen Vorteilen eines regional produzierten Brotes überzeugt ist, wird sie motiviert die Vermarktung dieses Produkts im eigenen Geschäft vorantreiben. Bei Unternehmen wie in Kommunen stelle die Kantinenversorgung und Auslobung regionaler Gerichte solch einen möglichen Hebel da. WERTvoll untersuche aktuell die Angebots- und Nachfragepotenziale für verschiedene Produkte, die im Einklang mit einer nachhaltigen Landnutzung in der Region Wurzener Land/Leipzig erzeugt werden könnten.
In der Session wurden aktiv Anregungen und Fragen aus dem Publikum gesammelt und diskutiert. Hierbei wurde sich unter anderem über die Verfügbarkeit von Flächen, Vergabekriterien bei der Beschaffung durch die öffentliche Hand, die Rolle von Ernährungsräten und Umsetzungsvorhaben in anderen Regionen ausgetauscht.
Im Ausblick wiesen Herr Wagener auf die 2. Zukunftswerkstatt geplant für den 1. Juli 2021 in Leipzig/Wurzener Land und Her Bartke auf die online-Statuskonferenz der Fördermaßnahme Stadt-Land-Plus am 14.-15. September 2021 hin. Weitere Informationen auf www.fona-stadtlandplus.de.